Fed schickt Renditen bergab

„Die US-Notenbank zeigt sich noch geduldiger als die Märkte das ohnehin erwartet haben. Die Renditen haben nur geringe Chancen zu steigen“, meinen die Analysten der Hamburg Commercial Bank

Eine extrem geduldige US-Notenbank, die gestern (20.03.) ihre Entscheidung bekannt gegeben hat, hat die Renditen der Staatsanleihen in den Keller geschickt. Die zehnjährigen Bund-Renditen, die ohnehin noch unter dem Eindruck der sehr vorsichtigen Geldpolitik der Europäischen Zentralbank standen, gaben erneut nach und liegen momentan bei 0,05 %. Die Pendants aus den USA rentieren bei 2,51 %. Vor einer Woche lagen die Renditen in den USA noch bei 2,63 %.

Was hat die Fed kommuniziert? Ein relativ wichtiges Kommunikationsmittel der Fed ist der so genannte Dot Plot-Chart. Hier wird festgehalten, welches Leitzinsniveau die Fed-Mitglieder (mit und ohne Stimmberechtigung) in den kommenden Jahren für angemessen halten. Für die Märkte ist dieser Chart mittlerweile zu einer Art forward guidance geworden. Gemäß diesem Chart wird die Fed 2019 keinen Zinsschritt und 2020 lediglich einen Zinsschritt durchführen. Weiter hat Fed-Chef Jerome Powell angekündigt, dass der Bilanzabbau ab Mai in einem langsameren Tempo erfolgen und Ende September beendet wird. Mit dem Abbau des Bestandes an Hypothekenverbriefungen und Anleihen der öffentlichen Hypothekenfinanzierer möchte man jedoch fortfahren, wobei man die Fälligkeiten in Treasury-Titel reinvestiert. Die Bilanzsumme wird ab Oktober grundsätzlich konstant gehalten.

Insgesamt ist dieses Maßnahmenpaket eine sehr „dovishe“ Botschaft, die die Märkte in diesem Ausmaß nicht erwartet hatten. Eine letzte Zinserhöhung in diesem Jahr, die wir bisher noch für möglich gehalten hatten, ist jetzt wohl ausgeschlossen. Für das kommende Jahr erwarten wir weiterhin zwei Zinssenkungen. Die Inversion der Zinsstruktur findet vermutlich nicht mehr statt. Das dürfte aber die Wirtschaft kaum davon abhalten, 2020 dennoch in eine leichte Rezession zu rutschen.

Darüber hinaus sorgen an den Märkten der Brexit und die Handelsgespräche zwischen den USA und China für Unsicherheit, während die vom Sachverständigenrat verkündetete Absenkung der Wachstumsprognose für Deutschland auf 0,8 % (vorher: 1,5 %) kaum eine Überraschung war.

Am Wochenende wird eine hochrangige Handelsdelegation aus den USA unter Führung des Handelsbeauftragten Robert Lighthizer nach China reisen. US-Präsident Donald Trump ließ die Öffentlichkeit mehrmals wissen, dass die Gespräche gut verliefen, sagte zuletzt jedoch, dass auch im Fall einer Vereinbarung die neuen Zölle gegen China zunächst weiter Bestand haben würden. Wir sehen daher erhebliches Konfliktpotenzial, was an den Märkten für erneute Verunsicherung sorgen dürfte. Das gleiche gilt im Übrigen für den Brexit. Die Ausstiegfrist (29. März) nähert sich mit großen Schritten und innerhalb der EU scheint keine Einigkeit darüber zu herrschen, ob und unter welchen Bedingungen man den Briten einen Aufschub gewähren möchte (siehe dazu auch der Text zum britischen Pfund).

In den kommenden Tagen stehen die PMI-Indikatoren für die Eurozone auf der Agenda (22.03.). Hier rechnen wir mit einer Stabilisierung, da sich unter anderem die Autoindustrie von dem schweren (selbst verschuldeten) Einbruch der letzten Monate zu erholen beginnt. Noch mehr Aufmerksamkeit wird der Ifo-Index auf sich ziehen (25.03.), der mittlerweile sechs Mal in Folge rückläufig war. In Bezug auf die Rentenmärkte würden konjunkturelle Enttäuschungen möglicherweise dazu führen, dass im zehnjährigen Bereich die Bund-Renditen die Nullgrenze antesten. Zuletzt war diese Marke im Jahr 2016 unterschritten worden.

Marketingmitteilung

Dr. Cyrus de la Rubia

Chefvolkswirt

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