Dr. Cyrus de la Rubia
Chefvolkswirt
Zum Kontaktformular„Vielleicht kommt es nach der tagelangen Aufwertung des US-Dollar gegenüber dem Euro zu Gewinnmitnahmen“, kann sich Cyrus de la Rubia von der Hamburg Commercial Bank vorstellen
EUR/USD: Der Euro hat gegenüber dem US-Dollar in den vergangenen Tagen kräftig an Wert verloren und notiert jetzt bei 1,115 US-Dollar. Zuletzt hatte der enttäuschende Ifo-Index die Gemeinschaftswährung unter Druck gebracht. Dem US-Dollar dürfte auch helfen, dass die Berichtssaison in den USA freundlicher ausfällt als erwartet. Weiter fällt mit dem Verzicht von Herman Cain auf die Anwartschaft als Kandidat für das Direktorium der Fed ein Belastungsfaktor für den US-Dollar weg. Cain war hochumstritten und hätte vermutlich die notwendige Zustimmung im Senat nicht erhalten. Ähnlich kontrovers wird über eine mögliche Kandidatur von Stephen Moore diskutiert, zumal jetzt sexistische Äußerungen Moores bekannt wurden. Auch die europäische Politik spielt bei EUR/USD eine Rolle, zu Lasten des Euro. So ist in Italien die Fragilität der Koalition zwischen der linkspopulistischen Fünf-Sterne-Bewegung und der rechtspopulistischen Lega Nord offensichtlich geworden. Konkret geht es unter anderem um die Forderung des Vorsitzenden der Fünf-Sterne-Bewegung, Luigi Di Maio, einen Teil der Schulden der Hauptstadt zu übernehmen, die von einer Parteikollegin regiert wird. Der Chef der Lega, Matteo Salvini, lehnt dies kategorisch ab. Angeheizt wird die Debatte durch den jetzt beginnenden Europa-Wahlkampf, bei dem die Fünf-Sterne-Bewegung heftige Stimmverluste verzeichnen dürfte.
In den kommenden Tagen wird vor allem die Fed-Sitzung (01.05., der Tag der Arbeit ist in den USA im September) Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Wir erwarten angesichts des Anstiegs der US-Aktienmärkte auf neue Allzeithochs und einer insgesamt freundlichen konjunkturellen Lage, dass die Fed die Risiken etwas weniger stark betonen wird. Man wird aber „geduldig“ bleiben und sicher keine Zinsanhebung in diesem Jahr in Aussicht stellen. Das hat vor allem mit dem weiterhin gedämpften Inflationsausblick zu tun. So liegt die PCE-Kernrate der Inflation seit 2012 fast durchgehend unterhalb von 2 % (letzter Wert vom Januar: 1,8 %, Februar-Wert erscheint am 29.04.). Eine etwas positivere Nuance in der Kommunikation der Fed dürfte dem Dollar nochmals helfen. Morgen wird das US-BIP für das vierte Quartal veröffentlicht. Die Schätzung der Atlanta-Fed liegt bei 2,8 %, der Bloomberg-Konsens liegt bei nur 2,2 % (jeweils QoQ, annualisiert). Wir gehen von einer eher positiven Überraschung aus, wobei der Effekt auf den Dollar begrenzt sein dürfte. Wichtiger sind da die ISM-Indizes in der kommenden Woche sowie die US-Arbeitsmarktzahlen am 03.05. Letzere würden dem Dollar Auftrieb geben, wenn der Beschäftigungszuwachs über dem Bloomberg-Konsens von 180.000 Personen liegt. Sollte schließlich das BIP der Eurozone für das erste Quartal enttäuschen (30.04.), ergäbe sich zusätzlicher Rückenwind für den US-Dollar. Fundamental scheint kurzfristig vieles für einen stärkeren US-Dollar zu sprechen. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass es nach einer mehrere Tage andauernden Rallye häufig auch zu Gewinnmitnahmen kommt, die eine Gegenbewegung auslösen.
EUR/GBP: Per saldo notiert EUR/GBP im Wochenvergleich nahezu unverändert bei 0,8650. Derzeit ist das Risiko für einen ungeordneten Brexit erst einmal gebannt, denn der Austrittstermin wurde auf spätestens Ende Oktober verschoben. Nichtsdestotrotz muss das mit der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen angenommen werden, um geordnet aus der EU austreten zu können. Am besten wäre es, wenn dies bis zum 22. Mai gelänge, denn dann müsste das Vereinigte Königreich nicht mehr an den Wahlen zum Europäischen Parlament teilnehmen und könnte frühzeitig die EU verlassen. Um das Brexit-Abkommen durch das Parlament zu bekommen, braucht Premierministerin Theresa May die Unterstützung der oppositionellen Labour-Partei. Dazu sind erneut Gespräche zwischen Konservativen und Labour aufgenommen worden. May beabsichtigt, in der kommenden Woche zum dritten Mal über das Austrittsabkommen im Parlament abstimmen zu lassen. Dass das Abkommen jedoch dieses Mal eine Mehrheit findet, ist ziemlich unwahrscheinlich. Die Hängepartie über den weiteren Prozess beim Brexit dauert also an. Derweil laufen die Vorbereitungen für die Europawahlen in UK schon an.
Die Bank of England (BoE) tagt am Donnerstag (02.05.). Wir rechnen nicht mit einer Änderung ihrer Geldpolitik, d.h. die Leitzinsen sollten unverändert bei 0,75 % bleiben. Die Teuerungsraten gegenüber dem Vorjahr sind rückläufig und befinden sich aktuell leicht unterhalb des Inflationsziels der Notenbank bei 2 %. Die Konjunktur schlägt sich noch relativ gut, wenn man die Unsicherheiten, die mit dem Brexit einhergehen, berücksichtigt. Nichtsdestotrotz dürfte die Notenbank nicht riskieren wollen, das derzeit unsichere Umfeld noch zusätzlich durch eine weitere Straffung ihrer Geldpolitik zu belasten.
USD/JPY: Die Bank of Japan (BoJ) hat auf ihrer Sitzung heute Nacht (25.04.) zwar am aktuellen Leitzinsniveau von - 0,10 % sowie an ihrer Strategie, die langfristigen Kapitalmarktzinsen um 0 % zu stabilisieren, festgehalten. Allerdings gab es auch eine Überraschung: So bekannte sich die Notenbank erstmals zu einer forward guidance à la EZB. Die extrem niedrigen Zinsen sollen danach mindestens bis Anfang 2020 Bestand haben.
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