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HSH Nordbank und der Next Commerce Accelerator
Warum es für Unternehmen lohnend ist, sich mit kleinen Start-ups zu beschäftigen.
August 2017 – Hamburg ist die deutsche Handelsmetropole. Damit das in den disruptiven Zeiten von Digitalisierung und Globalisierung so bleibt, sollten sich alteingesessene Handelshäuser weiterentwickeln. Wichtige Impulse dafür liefern Start-ups. Mit der Gründung des Next Commerce Accelerator wollen die HSH Nordbank und ihre Partner jetzt dabei helfen, den digitalen Wandel im Handel zu unterstützen. Das Joint-Venture führt Start-ups, etablierte Unternehmen und Experten zusammen – zum Wohle der Beteiligten und des Standorts Hamburg.
Mit gut 110 Milliarden Euro ist das „Bruttoinlandsprodukt“ Hamburgs – also die Summe aller dort hergestellten Produkte und Dienstleistungen – weit bedeutsamer als das ganzer Staaten wie Serbien oder Kroatien. Vor allem die großen, geschichtsträchtigen Handelshäuser wie Edeka, Otto, Helm, Cremer, Tchibo oder Hawesko haben die Freie und Hansestadt Hamburg wirtschaftlich stark und bedeutend gemacht und prägen sie. „HH“ könnte daher getrost auch mit „Handelsstadt Hamburg“ übersetzt werden.
Der mit Recht zufriedene Blick in den Rückspiegel der Wirtschaftsgeschichte sollte nicht dazu verleiten, das Augenmerk auf die Zukunft zu vernachlässigen. Besonders für Handelsunternehmen gilt Heraklits Sinnspruch: „Beständig ist nur der Wandel.“ Neue Wettbewerber aus dem In- und Ausland – meist digitale Schnellboote mit klugen Köpfen an Bord, atemberaubender Technik, viel Wagemut und niedrigen Kostenstrukturen – geraten ins Fahrwasser der großen Handelstanker. Droht die Kollision?
Nicht, wenn es nach der HSH Nordbank geht. Sie und ihre Partner beim frisch gestarteten Projekt Next Commerce Accelerator (NCA) setzen auf Kooperation statt Konfrontation. Auch Wirtschaftssenator Frank Horch sieht im Accelerator-Ansatz große Potenziale. „Hamburg ist für das Thema E-Commerce der ideale Standort. Hier treffen rund 10.000 Handelsunternehmen auf marktführende Dienstleister wie SinnerSchrader, pilot, PublicisPixelpark und Novomind. Hinzu kommt ein dynamisches Start-up-Ökosystem mit jährlich mehr als 1.000 Gründungen im IT- und E-Commerce-Umfeld.“
Ausgangsfrage: Inwieweit trifft die Aussage: "Wir fühlen uns gut gerüstet für die Transformation." für Ihr Unternehmen zu?
Quelle: Bundesdruckerei GmbH/Bitkom Research, 2016
Um deren Zahl weiter zu steigern, haben die HSH Nordbank und die Hamburger Sparkasse (Haspa) den NCA ins Leben gerufen: einen Start-up-Beschleuniger für innovative Geschäftsmodelle. Der NCA unterstützt künftig Start-ups und Gründerteams aus ganz Europa bei der Entwicklung digitaler, innovativer E-Commerce-Geschäftsmodelle. „Er bietet neben Beteiligungskapital von bis zu 50.000 Euro Zugang zu potenziellen Kunden und Geschäftspartnern, ein maßgeschneidertes Trainings- und Coachingprogramm sowie attraktive Räumlichkeiten in Co-Working-Spaces“, sagt Patrick Miljes. Der Bereichsleiter Unternehmenskunden der HSH Nordbank ist einer der wesentlichen Initiatoren des Projekts.
Als Gegenleistung für die Hilfe in der Frühphase ihres Unternehmertums geben die Start-ups Unternehmensanteile zwischen drei und zehn Prozent an die NCA-Gesellschafter ab. Auch räumlich kommen sich die neuen Partner näher. „Die Start-ups verlegen ihren Arbeitsschwerpunkt für mindestens sechs Monate nach Hamburg, um dort unter Idealbedingungen ihr Unternehmenswachstum voranzutreiben“, sagt Miljes. „Unser Ziel ist es, dass der Großteil der jungen Firmen dann dauerhaft in Hamburg sesshaft wird – frei nach dem Motto ,Gekommen, um zu bleiben’.“ Wer mag, kann als junger Gründer zusätzlich einen weiteren Monat bei einem Partner-Accelerator in Schanghai verbringen.
Quelle: KPMG Global Pulse Insights Survey - Q2/2016
Derzeit werden das Managementteam und eine Gruppe von zehn Investoren für den Accelerator zusammengestellt. „Wir sprechen dabei etablierte, ansässige Unternehmen an, die mit den teilnehmenden Start-ups kooperieren und ihnen Marktzugänge schaffen wollen. Die Handelshäuser profitieren vom Know-how der jungen Firmen und bekommen so frische Impulse für ihr eigenes Business“, beschreibt Miljes die Idee des Win-win hinter dem Projekt NCA. „Wo bekommen Sie sonst schon 350 bis 500 Use Cases für Ihr eigenes Unternehmen präsentiert?“, fragt der Bereichsleiter Unternehmenskunden der HSH Nordbank.
Das Coaching der Jungfirmen übernimmt eine rund 200-köpfige Mentorengruppe mit Unternehmern, Spezialisten und Vertretern von Großunternehmen. Die erste „Klasse“ mit fünf Start-ups soll in wenigen Monaten in Hamburg starten. Jährlich soll dann jeweils eine weitere Klasse folgen. Langfristiges Ziel der Macher: „Wir wollen unter die Top drei der Accelatoren im Bereich E-Commerce in Europa aufsteigen und die besten Start-ups des Kontinents nach Hamburg holen“, nennt Miljes das Ziel.
Vom Miteinander von Groß und Klein, Jung und Alt werden Start-ups und Investoren gleichermaßen profitieren. „Die Haspa und die HSH Nordbank sind mit ihren zusammen mehr als 5.000 Handelskunden ideale Gesellschafter“, betont Bodo Kräter von Skillnet. Die Unternehmensberatung unterstützt die Gesellschafter beim Aufbau des NCA. Mit dem ebenfalls von Skillnet unterstützen Aufbau des „Next Media Accelerator“ der Deutschen Presseagentur (dpa) wurden bereits mehrere Folgefinanzierungen zum Teil im Millionenbereich von europäischen und US-amerikanischen Investoren realisiert.
Auch die beteiligten Bankhäuser profitieren. Zum einen, indem sie ihre langjährigen Firmenkunden dabei unterstützen, noch fitter für die digitale Zukunft zu werden – und so die Kundenbeziehung intensivieren. Zum anderen, indem sie selbst Impulse bekommen für neue Produkte und Angebote. „Auch das Finanzierungsgeschäft wandelt sich im digitalen Zeitalter rasant“, betont Miljes. Weil immer häufiger Maschinen und Lagerhallen als klassische Sicherheiten durch schwer beleihbare Software und kluge Ideen ersetzt werden, steht etwa das Kreditgeschäft vor einem fundamentalen Wandel. Beispiele sind Finanzierungsmodelle wie Pay-as-you-earn, bei denen das Repayment unsicherer wird: Erträge etwa für Leasinggüter fallen nur an, wenn auch Erträge aus dem Objekt erwirtschaftet werden. „Diese innovativen Formen der Finanzierungen erfordern von Unternehmen wie Banken neues Denken, vor allem bezüglich der Risikosteuerung. Auch hier können uns pfiffige Start-ups sicher unterstützen“, freut sich Miljes bereits auf den Austausch mit den künftigen Gründern und Neu-Hamburgern.