Der Wochenkommentar

Künstliche Intelligenz: Der Quantensprung

Januar 2023 ChatGPT ist ein „Eyeopener“ in Bezug auf das Potenzial für Künstliche Intelligenz.
Ein Kommentar von Dr. Cyrus de la Rubia

Dr. Cyrus de la Rubia

Künstliche Intelligenz (KI) hat in den letzten Jahren bemerkenswerte Fortschritte gemacht und wird in immer mehr Bereichen eingesetzt. Von der medizinischen Diagnose bis hin zur Steuerung von Verkehrsflugzeugen – die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig und vielversprechend. Doch wie gefährlich ist KI tatsächlich?

Es gibt durchaus potenzielle Gefahren, die mit der zunehmenden Verbreitung von KI einhergehen. Eine davon ist die Möglichkeit, dass KI-Systeme Entscheidungen treffen, die für Menschen schädlich sind. Ein Beispiel dafür ist das Risiko, dass autonome Waffensysteme falsch eingeschätzt werden und unbeabsichtigt Menschen verletzen oder töten.

Ein weiteres Risiko besteht darin, dass KI-Systeme menschliche Fehler duplizieren oder verstärken können, insbesondere wenn sie mit unvollständigen oder ungenauen Daten trainiert werden. Dies kann dazu führen, dass sie diskriminierende oder ungerechte Entscheidungen treffen.

Es gibt auch Bedenken, dass KI zu einer zunehmenden Automatisierung von Arbeitsplätzen führen kann, was zu einer Verdrängung von Arbeitskräften führen kann.

Trotz dieser potenziellen Gefahren ist es wichtig zu betonen, dass KI auch viele positive Auswirkungen haben kann. Sie kann uns helfen, komplexe Probleme zu lösen, die für Menschen zu schwierig oder zu zeitaufwendig sind. Sie kann auch dazu beitragen, die Lebensqualität zu verbessern, indem sie beispielsweise in der Medizin oder im Transportwesen eingesetzt wird.

Insgesamt ist KI eine leistungsstarke Technologie mit großem Potenzial, aber es ist wichtig, die potenziellen Risiken sorgfältig zu bewerten und Maßnahmen zu ergreifen, um diese Risiken zu minimieren. Es ist auch wichtig, dass wir uns bemühen, die Vorteile von KI so weit wie möglich zu nutzen und gleichzeitig dafür sorgen, dass sie verantwortungsvoll und ethisch eingesetzt wird. Es gibt auch ethische Herausforderungen, die sich ergeben können, wenn es um die KI geht. Beispielsweise, wenn es um autonome Waffen oder Einfluss auf menschliche Entscheidungen geht. Es wird immer wichtiger, das Verständnis und die Überwachung von KI-Systemen zu erhöhen und Regulierungen zu schaffen, um die Sicherheit und Integrität der Technologie zu gewährleisten.

Liebe Leserinnen und Leser, ich hoffe, Sie sind bislang enttäuscht von dem heutigen Wochenkommentar, denn - Sie haben es vielleicht geahnt - er wurde von der KI ChatGPT von OpenAI verfasst, wobei GPT für Generative Pretrained Transformer steht. Die Software ist seit November 2022 nutzbar und allein in den ersten fünf Tagen haben sich 1 Millionen Nutzer registriert. Ich habe ChatGPT gebeten, mir einen Kommentar zu den Gefahren von KI zu schreiben. Besonders beunruhigend ist natürlich der Punkt, „dass KI zu einer zunehmenden Automatisierung von Arbeitsplätzen führen kann“. Und ich dachte immer: Wer schreibt, der bleibt ;).

Abgesehen davon ist das disruptive Potenzial, das in dieser und ähnlichen KIs steckt, unübersehbar. Fast alle Wirtschafts- und Tätigkeitsbereiche dürften von derartig leistungsstarken KIs betroffen sein. Für Journalisten, Analysten, Texter in Marketingabteilungen, Redenschreiber und selbst Schriftsteller wird sich die Arbeitsweise radikal ändern. Auf der einen Seite werden sie sich mit den Ergebnissen messen lassen müssen, die von der KI geliefert wird. Auf der anderen Seite können sie die KI nutzen, um im Endeffekt zu noch besseren Ergebnissen zu kommen. Werden auch Arbeitsplätze wegfallen? Sicher. Beispielsweise Analysen, die im Grunde genommen nur beschreiben, was an den Märkten passiert ist (wie etwa: die Aktienkurse sind gefallen, die Renditen sind gestiegen) haben erst dann einen Mehrwert gegenüber dem KI-Ergebnis, wenn sie interpretiert werden, mit einem nach vorne gerichteten Blick auf die zukünftige Entwicklung. Möglich ist aber auch, dass neue Jobs entstehen. Beispielsweise könnten lokale Online-Zeitungen entstehen, weil es mit einer entsprechenden KI so viel kostengünstiger wird, Informationen aus der Region etwa über die Webseiten der dortigen Unternehmen, Vereine usw. zu sammeln und in Texte zu verarbeiten.

Aber letztlich würde der Einfluss von KI unterschätzt werden, wenn man nur den Effekt auf die schreibende Zunft betrachtet. KIs können nicht nur Texte schreiben und übersetzen, sondern auch programmieren, als Sprachassistenten eingesetzt werden, malen (z.B. DALL E 2) und komponieren (z.B. Jukebox). Auch im Design-Bereich gibt es bereits KIs, so dass beispielswese der Weg zu einem von einer KI konzipierten Haus, einem futuristisch gestyltes Auto oder ein von einer Ingenieurs-KI designten Maschine nicht mehr weit sein kann.

Tatsächlich muss man eher fragen, welche Berufe und Lebensbereiche nicht von einer KI betroffen sein werden. Vermutlich ist das Substitutions- und Produktivitätspotenzial von KI relativ gering in all den Bereichen, die mit zwischenmenschlichen Aktionen zu tun haben. Dazu gehören ganz sicher der Pflegebereich, die Kindererziehung einschließlich eines Großteils der Schul- und Universitätsausbildung. Letztere bieten ja viel mehr als lediglich das Erwerben von Wissen, sondern gehören zu den Grundlagen für das soziale Miteinander, Freundschaften und letztlich eine funktionierende Gesellschaft. Möglicherweise ist auch der Kellner mit seiner persönlichen Ansprache weiter gefragt, so dass dieser nicht durch einen mit einem Sprachassistenten ausgestatteten Roboter ersetzt wird.

Angesichts der ethischen Herausforderungen, auf die der obige OpenAI-Artikel zurecht hinweist, dürften Philosophen und hier insbesondere Ethiker bald hoch im Kurs stehen. Für den gesellschaftlichen Diskurs ist dabei zu hoffen, dass diese ihr unabhängiges Denken bewahren können.

Ich habe OpenAI um einem kurzen Schlusssatz gebeten und heraus kam: „KI kann verbessern, muss aber reguliert werden.“ Na ja, gar nicht so schlecht, aber ich möchte mich dann doch gerne wieder einbringen: KI hat einen Quantensprung gemacht und es ist schwer, sein Potenzial zu überschätzen.

Dr. Cyrus de la Rubia

Chefvolkswirt und Head of Research

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