Europäischer Eisenbahnmarkt – stabile Branche, verborgene Risiken

  • Wettbewerb mit der Straße bleibt größte Herausforderung
  • Anpassung regulatorischer Rahmenbedingungen notwendig
  • Studie der HSH Nordbank befragt Top-Manager


Hamburg/Kiel, 3. Mai 2017 - Der Eisenbahnmarkt in Deutschland und Europa wandelt sich - und unter der Oberfläche einer stabilen Branche schlummern Risiken, deren Konsequenzen nicht für alle Beteiligten transparent sind. Dies ist das Fazit der gerade veröffentlichten Rail-Studie der HSH Nordbank, in der sie Top-Manager aus der Branche zu aktuellen Themen befragte. Als größte Herausforderungen sehen die Befragten den Wettbewerb im Güterverkehr mit der Straße an, einige auch die mögliche Konkurrenz durch osteuropäische und asiatische Anbieter und Finanzierer sowie regulatorische Rahmenbedingungen, die die Schiene teilweise benachteiligen.

In Deutschland erwirtschaften alle Verkehrsarten – Schiff, Straße, Bahn – insgesamt etwa 4,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Dabei hat der Schienensektor einen Anteil von knapp 8 Prozent des Verkehrsaufkommens im Personenverkehr und 18 Prozent beim Güterverkehr.

Im Nahverkehr tragen Bundesländer möglicherweise höhere Risiken

In vielen Bundesländern betreiben private Unternehmen den öffentlichen Personennahverkehr. Ihre Verträge laufen maximal zehn Jahre. Für den privaten Betreiber ist dies ein Risiko: Würde sein Vertrag nicht verlängert, besäße er Züge, die er nicht ertragsbringend einsetzen könnte, sofern er nicht Zugriff auf ein weiteres passendes Verkehrsnetz hat. Eine Lösung ist eine sogenannte Wiedereinsatzgarantie durch das Bundesland. Für den Fall, dass sich das Land für einen anderen Betreiber entscheidet, übernimmt es die Züge und muss sie entweder an einen neuen Betreiber weiterreichen oder verkaufen. Damit trägt das Bundesland das Restwertrisiko der Züge. Als Folge könnte dann folgendes Stillstands-Szenario entstehen: Die Züge verbleiben beim Land, werden möglichst lange gefahren und dabei praktisch nicht modernisiert. Hinzu kommt, dass ein Verkauf der Züge von einem Bundesland zum anderen wegen technischer Unterschiede oft nicht ohne weiteres realisierbar ist. „Für diesen Trend tragen die Banken eine Mitverantwortung. Denn auch unser Geschäft wird durch diese Wiedereinsatzgarantien erleichtert. Wir müssen also Modelle stärker unterstützen, die diese ungewünschten Konsequenzen vermeiden“, sagte Marcus Kleiner, Leiter Vertrieb Logistik & Infrastruktur der HSH Nordbank. Möglich wird dies etwa, wenn die Betreiber Züge nicht kaufen, sondern mieten. Das Restwertrisiko liegt dann beim Vermieter, der dafür die notwenige Managementkompetenz und Flottengröße mitbringt und bessere Optionen für einen alternativen Einsatz hat. Dies demonstrieren im besonderen Maße die sogenannten ROSCOs, „Rolling Stock Leasing Companies“ nach britischem Vorbild. Diese „Rollmaterialunternehmen“ halten die Fahrzeuge und verleasen sie an den Be-treiber. Bei Vertragswechsel von einem Betreiber zum nächsten entsteht damit kein Restwertrisiko für das Land. ROSCOs tragen auch die Verantwortung dafür, dass die Züge modernen Ansprüchen genügen. „Der weitere Ausbau dieses Modells für Deutschland würde dazu führen, dass sich mehr Menschen für die Schiene und gegen die Straße entscheiden“, sagte Kleiner.

Wunsch nach größerer politischer Unterstützung

Denn die Studie der HSH Nordbank belegt auch, dass die Schiene ihr Potenzial noch nicht ausgereizt hat - die Kapazität der deutschen Autobahnen stößt angesichts des steigenden Lkw-Verkehrs an ihre Grenzen oder hat diese schon überschritten. Die politische Einflussnahme der „Straße“ ist nach Meinung der Studienteilnehmer wesentlich effektiver als die der „Schiene“. Das führt zu Wettbewerbsnachteilen für den Railsektor. Beispiele dafür sind Kostenbelastungen aus „Flüsterbremsen“, EEG-Umlage oder im internationalen Vergleich hohe Trassen-Preise. Durch gezielte politische Initiativen könnte der Schienenverkehr stattdessen systematisch gefördert werden.

Die Manager aus der Railbranche erwarten den baldigen Eintritt EU-ausländischer Wettbewerber, allen voran asiatische Firmen. Dabei würden asiatische Investoren wahrscheinlich nicht direkt in die EU liefern, sondern im Sinne des „local content“ eine Niederlassung in der EU eröffnen. Der logischste Weg dazu, der gleichzeitig das entsprechende Know-how sichert, ist die Akquisition eines kleineren oder größeren Herstellers. Damit würde sich die Wettbewerbssituation auf dem europäischen Markt nachhaltig verändern. Einen dringenden Appell richteten die Studienteilnehmer an die Regulierer: Ein Abbau der Bürokratie und die sinnvolle Gestaltung von Verantwortlichkeiten sollten in einem gesamteuropäischen Verkehrskonzept festgeschrieben werden.

Die HSH Nordbank ist mit einem Bestandskreditvolumen in Höhe von 1,1 Milliarden Euro und 240 Millionen Euro Neugeschäft in 2016 einer der führenden Finanzierer im europäischen Railsektor. Bereits seit 1994 ist die Bank aktiv in der Finanzierung von Infrastruktur-Projekten, beispielsweise im Schienenverkehr.

Die komplette Studie finden Sie hier

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