Nähert sich das Ende des Immobilien-Booms?

Der Anstieg von Inflationsrate und Zinsen stellt die deutsche Immobilienbranche vor große Herausforderungen. Peter Axmann, Leiter Immobilienkunden bei der Hamburg Commercial Bank, bewertete jetzt die jüngste und vor allem künftige Entwicklung im Bereich Real Estate auf einer Online-Pressekonferenz.

Die hohe Inflationsrate von derzeit 7,4 Prozent hat vielfältige Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft und nicht zuletzt auf das Immobilien- und Projektentwicklergeschäft in Deutschland. In den vergangenen Monaten haben die Inflation und der Anstieg der Rohstoff- und Baupreise zu deutlich anziehenden Investitionskosten geführt. Auch haben sich die Zinsen für zehnjährige Immobilienkredite in den vergangenen vier Monaten sehr rasch von etwa 1,0 Prozent auf über 2,5 Prozent mehr als verdoppelt.

Deutscher Immobilienmarkt: Viele Käufer zögern bei Neuinvestments

Viele Marktteilnehmer, vor allem institutionelle Käufer, sind verunsichert und warten erst einmal.. Besonders herausfordernd ist die Lage für Projektentwickler: Eine seriöse und verlässliche Kalkulation von Projektentwicklungen ist kaum noch möglich, auch weil gestiegene Baustoffpreise nicht mehr über höhere Verkaufspreise an die Kunden weitergegeben werden können. Finanzierende Banken werden vorsichtiger und überprüfen ihre Portfolien. Das steigende Refinanzierungsniveau und höhere Risikokosten werden bei der Kreditvergabe einkalkuliert, Finanzierungsstandards verschärft und auf Kundenseite wird ein höherer Eigenkapitalanteil erwartet. Gleichwohl erwartet der Markt perspektivisch mehr Kreditausfälle, vor allem im Bereich Projektentwicklung.

Dies sind wesentliche Ergebnisse der Online-Pressekonferenz „Inflation und Zinsen ziehen deutlich an: Was heißt das für die Immobilienmärkte?“. Mitte Mai nahmen daran neben Peter Axmann, Leiter Immobilienkunden bei der Hamburg Commercial Bank, Professor Felix Schindler, Head of Research bei HIH Invest Real Estate, und Torsten Hollstein, Managing Director bei CR Management, teil.

HCOB-Immobilienexperte Peter Axmann: „Deutliche Zurückhaltung bei Projektentwicklern“

HCOB-Immobilienexperte Peter Axmann: „Deutliche Zurückhaltung bei Projektentwicklern“

Peter Axmann ging vor allem auf die Situation der Projektentwickler ein: „Preissteigerungen, Lieferengpässe, Bauverzögerungen und höhere Finanzierungskosten sind deutlich spürbar. Projektentwicklungen sind schwieriger zu kalkulieren oder potenziell unrentabel. Wir spüren eine deutliche Zurückhaltung bei den Developern, schon jetzt werden knapp ein Drittel der Projektentwicklungen verschoben. Dagegen sorgen Zinsanstieg und stagnierende Mieten bei Bestandsimmobilien dafür, dass, wenn überhaupt, nur noch geringe Wertzuwächse möglich sind.“

Aktuell wirken Baukostenerhöhungen, steigende Zinsen und die schwächelnde

Wirtschaft dämpfend auf den deutschen Immobilienmarkt. „Wie es weitergeht, ist abhängig von der künftigen Zinsentwicklung und dem Wirtschaftswachstum. Im Basisszenario gehen wir von einem ‚Soft Landing‘ aus, mit nur moderat steigenden Zinsen und einer baldigen Erholung der Wirtschaft. Deutschland bliebe dann ein ‚sicherer Hafen‘, mit relativ stabilen Mieten und Preisen. Sollten jedoch ein massiver Zinsanstieg und eine Stagflation die Wirtschaft abwürgen, wären deutliche Wertkorrekturen von 20 bis 30 Prozent möglich“, sagte Axmann. „Um uns auf ein mögliches Downside am Immobilienmarkt einzustellen, beobachten wir den Markt aktuell sehr genau und fokussieren uns auf ein stringentes Risikomanagement und eine eher vorsichtige Kreditvergabe.“

Die Auswirkungen der steigenden Zinsen sind insbesondere bei Wohnimmobilien-Transaktionen zu spüren, sagte auch Torsten Hollstein, Geschäftsführer der CR Investment Management: „Wir beobachten auf dem Transaktionsmarkt ein sehr zurückhaltendes Verhalten aller Marktteilnehmer, vor allem bei institutionellen Investoren. Die Nutzungsarten Büro, Logistik und Wohnen performen nach wie vor auf einem hohen Niveau. Allerdings zeigt sich bereits seit einigen Monaten eine größere Zurückhaltung im Wohnsegment. Dennoch sehen wir den Makrotrend für die Assetklasse Immobilien durchaus positiv, denn eine Inflation zieht in der Regel eine Flucht in Sachwerte nach sich.“

Zur Baupreisentwicklung sagte Professor Schindler: „Bereits im Zuge der Corona-Pandemie sind die Baupreise stark gestiegen. Es folgte eine gewisse Normalisierung, aber mit Ausbruch des Ukraine-Kriegs schossen die Preise wieder in die Höhe. Dies gilt beispielsweise für Bitumen, Konstruktionsvollholz und Betonstahl. Letzteres kommt zu einem großen Teil aus der Ukraine und Russland. Die Preise sind insgesamt sehr volatil, was Kalkulationen und Planungen zusätzlich stark erschwert.“

Peter Axmann

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