Der Wochenkommentar

Der Wert von Bitcoin

Februar 2024

Die Kryptowährung Bitcoin hat wieder ein Allzeithoch erreicht. Grund genug, die Kryptowelt mal wieder genauer unter die Lupe zu nehmen und festzustellen, dass der Wert von Bitcoin über den reinen Kurs hinausgeht.

Ein Kommentar von Dr. Cyrus de la Rubia

Dr. Cyrus de la Rubia

Anfang März wurde das Allzeithoch von Bitcoin überschritten, Bitcoin war kurzzeitig mehr als 69.000 US-Dollar wert. Hinter dieser Kursbewegung steht offensichtlich die Zulassung von Bitcoin Spot-ETFs durch die US-Finanzaufsicht SEC, eine allgemein risikofreudige Stimmung unter den Investoren und die bevorstehende Halbierung des täglich neuen Bitcoin-Angebots, das sogenannte Halving.

Die Europäische Zentralbank würde der Aussage, dass Bitcoin mehr als 69.000 US-Dollar wert ist, wahrscheinlich widersprechen. Nach Meinung von Ulrich Bindseil und Jürgen Schaaf ist der faire Wert von Bitcoin gleich Null, wie sie jüngst in einem EZB-Blogeintrag festgehalten haben.

Die Argumente der beiden Autoren sind in Teilen stichhaltig, vielfach aber auch nur bedingt nachvollziehbar.

Umständlich, langsam, teuer

Richtig ist, dass sich Bitcoin auch 13 Jahre nach der Erfindung der Kryptowährung nicht als globales Zahlungsmittel etabliert hat. In diesem Zusammenhang wird in dem EZB-Blogeintrag festgestellt, dass auch El Salvador, das 2021 Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel erlaubt hat, nicht in der Lage war, der Währung einen Nutzungsschub zu verleihen. Das stimmt, genauso wie die Tatsache, dass Transaktionen auf der Bitcoin-Blockchain „umständlich, langsam und teuer“ sind.

Ist Bitcoin als Zahlungsmittel daher für alle Zukunft gescheitert? Vermutlich ist es noch zu früh, das festzustellen. Tatsache ist, dass der Transfer von Bitcoin extrem transparent und sicher verläuft. Für großvolumige Zahlungen könnte sich Bitcoin daher gut eignen. Im Grunde genommen spricht nichts dagegen, die Nutzung der Bitcoin-Blockchain für Zahlungen von beispielsweise über 1 Milllion Euro regulatorisch zu erlauben. So könnten Firmen ihre Bitcoin-Adressen dem Regulator anzeigen, so dass die Aufsicht entsprechende Zahlungen auf Geldwäsche bzw. Terrorismusfinanzierung hin überprüfen kann, so wie das heute bereits mit großvolumigen Zahlungen über das traditionelle Zahlungssystem möglich ist. Das umständliche, langsame und teure Korrespondenzbankensystem könnte umgangen werden. Gegen das Bitcoin-Wechselkursrisiko müssten bzw. sollten sich die Zahlungspartner allerdings absichern.

Auch die Verbreitung von kleinvolumigen Bitcoin-Zahlungen sind für die Zukunft keineswegs ausgeschlossen. Die Lightening-Netzwerke sind in diesem Zusammenhang eine interessante Innovation, da sie Zahlungen mit minimalen Transaktionskosten erlauben. Vom Prinzip werden in diesen Netzwerken die Zahlungen außerhalb der Blockchain durchgeführt, sind aber in der Blockchain verankert, denn im Zweifel kann man die Transaktion auch über die Blockchain laufen lassen. Die Lightening-Netzwerke funktionieren jedoch bislang nicht mit der notwendigen Zuverlässigkeit. Größere Zahlungen sollten beim heutigen technischen Stand nicht darüber abgewickelt werden.

Romantik von Goldschmuck fehlt

In dem EZB-Blog wird festgestellt, dass Bitcoin sich nicht als Investment eignet. Als Grund wird angeführt, dass die Kryptowährung weder einen Cash Flow generiert, noch produktiv genutzt werden kann, noch in irgendeiner Weise – wie etwa Gold – einen sozialen Nutzen generiert. Stattdessen würden Anleger dazu verleitet, mit Bitcoin zu spekulieren.

Sicher, Bitcoin haftet die nicht die Romantik von Goldschmuck an. Aber das Bitcoin keinen sozialen Nutzen hat, darf dennoch in Zweifel gezogen werden. Ein Blick in die sozialen Medien zeigt, dass sich dort große Gemeinschaften bilden, die sich leidenschaftlich über ihre Erfahrungen mit Bitcoin austauschen, ihren Weg in das „Rabbit Hole“ im Zuge ihres Bemühens, die Technologie zu durchdringen, erzählen und sich offensichtlich irgendwie miteinander verbunden fühlen. Man muss die teilweise ultralibertären Ansichten vieler Bitcoin-Fans nicht teilen – der Autor tut es nicht –, aber Bitcoin rundweg den sozialen Nutzen absprechen, wird dem Phänomen sicher nicht gerecht.

Weiter wird festgestellt, es sei doch etwas ironisch, dass ausgerechnet Bitcoin, dessen Ziel es ja war, Finanzintermediäre überflüssig zu machen, auf die Finanzinstitutionen der ETFs angewiesen sei, um eine stärkere Verbreitung zu finden. So ironisch ist das jedoch gar nicht. Denn wenn es den institutionellen Investoren erlaubt wäre, direkt in Bitcoin zu investieren, würden sie vermutlich genau dies tun. Die Regulierer aber fordern, dass Investoren über traditionelle Investitionsvehikel wie beispielsweise ETFs in Bitcoin investieren.

Fokussierung auf Bitcoin führt in die Irre

Ein berechtigtes Argument, das Bindseil und Schaaf nennen, ist der hohe Energieverbrauch, der mit dem Validieren der Bitcoin-Transaktionen einhergeht. Der Bitcoin-Stromverbrauch ist ungefähr so hoch wie der Polens, was durchaus schockierend ist. Aber auch hier ist die Betrachtung zu eng. Unerwähnt bleibt, dass die zweitgrößte Kryptowährung, Ether, mittlerweile auf ein Validierungsverfahren, das Proof-of-Stake-Verfahren, umgestellt hat, das nur mit einem Bruchteil des Stromverbrauchs der Bitcoin-Blockchain auskommt. Dieses Beispiel führt vor Augen, dass die Fokussierung der Kritik auf Bitcoin in die Irre führt.

Denn mit der Reduzierung der gesamten Kryptowelt auf Bitcoin blenden die Autoren aus, dass mit Bitcoin erstmals eine dezentrale Datenbank geschaffen wurde, über die digitalisierte Vermögenswerte so einfach wie eine Email verschickt werden können. Es wird übersehen, dass diese Entwicklung überhaupt erst die flexible Ethereum-Blockchain ermöglicht hat, die über Smart Contracts beispielsweise Decentralized Finance Protokolle (DeFi) hat entstehen lassen; dass die Blockchain-Technologie Zug-um-Zug-Geschäfte im Wertpapierhandel ermöglicht; und dass letzlich die Verbraucher von dieser Technologie in Form größerer Transparenz und niedrigeren Kosten profitieren können.

Ob der Kurs von Bitcoin weiter steigen wird oder wieder nachgeben wird, kann niemand mit Gewissheit sagen. Dass mit Bitcoin im Jahr 2009 eine Innovation aus der Taufe gehoben wurde, die mittlerweile zu tausenden von Innovationen und einer ganzen Industrie geführt hat, steht jedoch fest. Die Kritik an Bitcoin wäre wesentlich glaubwürdiger, wenn dieser Aspekt in dem EZB-Blog gewürdigt worden wäre.

Dr. Cyrus de la Rubia

Chefvolkswirt

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