Der Wochenkommentar

Digitaler Euro: Gut für die Währungsunion

Februar 2024

Der Digitale Euro wird voraussichtlich erst 2027 Realität. Die Innovation hat mit vielen Vorurteilen zu kämpfen, doch es gibt gute Argumente, das Projekt voranzutreiben.

Ein Kommentar von Dr. Cyrus de la Rubia

Dr. Cyrus de la Rubia

Das Zahlungssystem "Digitaler Euro“

Der Digitale Euro hat es nicht leicht. Auf die am häufigsten gestellte Frage, was der einzelne Bürger von diesem Projekt hat, kann niemand eine griffige Antwort geben. Das beweist keineswegs, dass wir den Digitalen Euro nicht brauchen. Es liegt vielmehr in der Natur des Geldes und seiner Abstraktheit, dass die Argumente nicht so recht greifen wollen. Der Digitale Euro ist nicht einfach digitales Bargeld. Er ist in erster Linie ein Zahlungssystem und damit eine für die meisten Menschen scheinbar unsichtbare Infrastruktur, die einfach funktioniert. Bis sie nicht mehr funktioniert, wie in der Finanzmarktkrise 2008/2009, als viele Banken zusammenbrachen.

Ist der Digitale Euro eine Antwort auf diese Erfahrung? Zum Teil ist er das, wie unter anderem der jüngste Fortschrittsbericht der EZB zum Digitalen Euro vom Oktober 2023 zeigt. Denn das geplante Zahlungssystem „Digitaler Euro“ wird dann parallel zur bestehenden Infrastruktur existieren, unabhängig von der Solvenz der Banken. Das macht unsere Wirtschaft widerstandsfähiger.

Digitaler Euro ist kein digitales Bargeld

Für den Digitalen Euro ist von vornherein eine Obergrenze von vermutlich weniger als 3.000 Euro für Privatpersonen und 0 Euro für Unternehmen vorgesehen. Um dennoch Zahlungsverkehr zu ermöglichen, wird auf das Konzept des (umgekehrten) Wasserfalls zurückgegriffen. Dabei wird das Konto für den Digitalen Euro mit einem Girokonto verknüpft. Bei Zahlungen mit dem Digitalen Euro werden Beträge, die das Limit übersteigen, innerhalb einer gedanklichen Sekunde automatisch vom Girokonto auf das Digitale Euro-Konto transferiert (umgekehrter Wasserfall) und von dort auf das Konto des Empfängers überwiesen. Bei diesem wird der Betrag, der die Obergrenze seines Digitalen Euro Kontos überschreitet, auf sein angeschlossenes Girokonto überwiesen (Wasserfall).

Breite Akzeptanz wahrscheinlich

Entscheidend ist, dass mit diesem System ein einheitliches Zahlungssystem im gesamten Euroraum geschaffen wird. Man könnte auch sagen: Die Währungsunion wird durch dieses einheitliche Zahlungssystem weiter vervollständigt.

Eine breite Akzeptanz des Digitalen Euro ist wahrscheinlich, da alle Händler, die digitale Zahlungen akzeptieren, verpflichtet werden sollen, auch den Digitalen Euro zu akzeptieren. Zudem sollen die Gebühren, die Händler für die Nutzung des Digitalen Euro entrichten müssen, nach dem Willen der EU-Kommission deutlich unter den Gebühren privater Zahlungssysteme liegen. Zahlungen zwischen Privatpersonen sollen ohnehin kostenlos sein. In diesem Zusammenhang scheint das Projekt des Digitalen Euro auch eine Art Industriepolitik zu sein, mit der die Dominanz amerikanischer Zahlungsanbieter in einigen Ländern der Eurozone gebrochen werden soll.

Offline-Zahlungen geplant

Für die Verbraucher ergeben sich potenziell wichtige direkte Vorteile. Denn die heute meist recht hohen Gebühren, die Händler an private Zahlungsanbieter zahlen, gehen letztlich zu Lasten der privaten Verbraucher in Form höherer Preise. Vorteile für die Verbraucher ergeben sich auch aus der Möglichkeit, im gesamten Euroraum mit dem digitalen Euro zu bezahlen. Das heute sehr vielfältige Angebot an Zahlungsanbietern soll keinesfalls verboten werden. Aber es wird in Zukunft ein Zahlungsmittel geben, den Digitalen Euro, der überall akzeptiert wird. Das ist bequemer und dürfte daher von den privaten Haushalten positiv wahrgenommen werden.

Auch die Möglichkeit, den Digitalen Euro für Offline-Zahlungen zu nutzen, wird ganz im Sinne der Verbraucher sein. Dies ist im EZB-Fortschrittsbericht ebenfalls explizit vorgesehen und soll weitestgehend anonymisierte Zahlungen ermöglichen.

Strategisches Projekt mit vielen Vorteilen für Verbraucher

Der Digitale Euro wird voraussichtlich erst 2027 in die Praxis umgesetzt, nachdem das System ausgiebig getestet und politisch diskutiert wurde. Mit dem Digitalen Euro wird eine weitere Stufe der Integration der Währungsunion gezündet, indem ein einheitliches Zahlungssystem für Verbraucher und Händler geschaffen wird. Für die Verbraucher ergeben sich Vorteile in Form niedrigerer Gebühren und der Gewissheit, dass die Zahlungsmethode des Digitalen Euro praktisch in jedem Geschäft und in jedem Land der Eurozone zu niedrigen Gebühren akzeptiert wird. Strategisch gesehen kann der Digitale Euro die Abhängigkeit von ausländischen Zahlungsdienstleistern verringern und das Nervensystem der Wirtschaft widerstandsfähiger machen.

Anmerkung: Dieser Artikel erschien in leicht gekürzter Fassung als Gastbeitrag im Handelsblatt vom 6. Februar 2024.

Dr. Cyrus de la Rubia

Chefvolkswirt

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